Fort Prinz Karl
Das Fort Prinz Karl (Fort VI) war ein Teil des ab 1875 errichteten Fort-Gürtels der damaligen Königlich Bayerischen Landesfestung Ingolstadt. Ein weiterer Ausbau der Festung Ingolstadt war wegen der Weiterentwicklung der Geschütztechnik schon kurz nach der Fertigstellung des 1866 begonnenen und 1871 abgeschlossenen Baus des weiter innen liegenden Vorwerke-Gürtels notwendig geworden. Das Fort gehörte zu einem System von 12 Forts (davon 3 ältere aus dem Vorwerke-Gürtel) und 7 kleineren Zwischenwerken rund um die Stadt.
Baubeginn für das Fort Prinz Karl war 1877, fertig gestellt wurde es im Jahre 1881. Benannt ist das Fort nach dem Oberbefehlshaber der Bayerischen Armee im Krieg von 1866 gegen Preußen, Prinz Karl von Bayern. Im Ersten Weltkrieg diente das Fort als Gefangenenlager, im Zweiten Weltkrieg als Munitionsdepot. Während alle anderen Forts im Rahmen der Entmilitarisierung von amerikanischen Pionieren gesprengt wurden, blieb es als einzige Anlage des äußern Gürtels erhalten, möglicherweise wegen der Nähe zur Ortschaft Katharinenberg. Bis in die 70er Jahre wurde es weiter als Munitionsdepot genutzt, zuletzt von der Bundeswehr.
Das Fort Prinz Karl war eines der mittelgroßen Forts auf der nördlichen Seite der Donau. Wegen der erhöhten Lage auf dem Großen Weinberg wurde das Fort mit einem "trockenen" Graben gebaut, im Gegensatz zu den Forts südlich der Donau mit "nassem" Graben. Der trockene Graben kann beim Umwandern der Anlage auf einem Rundweg gut eingesehen werden und ist auch heute noch ein abschreckendes Hindernis. Auf der Rückseite des Forts, also in Richtung Ingolstadt, liegt ein zweigeschossiges Kasernengebäude, dass man von außen gut sehen kann. Weitere Schutz- und Depoträume befinden sich im Inneren des Forts.
Für das Fort Prinz Karl war ursprünglich eine Besatzung von ca. 650 Mann und eine Bewaffnung mit 22 Wallgeschützen vorgesehen. Zu Beginn der 1890er Jahre erfolgten umfangreiche Verstärkungsmaßnahmen, so wurden die Geschütze in die nun nachträglich errichteten Anschlussbatterien links und rechts des Forts verlegt. Zur Versorgung der Batterien wurden außerhalb des Forts auch insgesamt drei Munitionsräume errichtet, wobei die beiden inneren eine unterirdische Verbindung zum Graben des Forts haben. Im Zuge dieser Maßnahmen wurde das Fort von einem Artillerie- zu einem Infanteriefort umgebaut. Dies bedeutete auch, dass von den ursprünglich 11 gemauerten Hohltraversen für die 22 Wallgeschütze 6 abgerissen wurden. Einige Geschützrampen im Fort wurden betoniert, zwei gepanzerte Beobachtungskuppeln der Firma Gruson in Magdeburg eingebaut. Bei ihnen handelt es sich um den Typ W.T.90, beide sind heute noch erhalten. Auch wurden mehrere Munitionsaufzüge in der Anlage eingerichtet, diese allerdings sind nicht mehr vollständig, wurden entfernt oder sind nur in Teilen erhalten. Erwähnenswert ist auch, dass die Klappbrücke am Eingangstor des Forts voll funktionsfähig ist, der genietete Wassertank sowie ein demilitarisierter, also innerlich unbrauchbar gemachter sogenannter Clötherscher Kriegsbackofen und das originale Gestell einer Alarmglocke erhalten sind. Somit handelt es sich beim Fort Prinz Karl um eines der besterhaltenen Biehlerschen Normalforts im Bauzustand des 19. Jahrhunderts in Europa, von denen es auf dem Gebiet des Deutschen Kaiserreiches um die 70 Stück gab. Bundesweit stellt es sogar die einzig erhaltene Festungsanlage dieses Bautyps dar.
Erwähnenswert sind auch die oben bereits kurz skizzierten Nutzungen der Anlage. So war das Fort von 1914 bis Anfang 1916 mit über 1100 kriegsgefangenen Franzosen belegt, um nach Umwandlung in ein Offiziersgefangenenlager im Schnitt zwischen 200 und 220 russische und französische Offiziere zu beherbergen. Da alle Forts der Landesfestung Ingolstadt Offizierslager wurden, stellte das Kriegsgefangenenlager Ingolstadt mit einer Belegungsstärke von ca. 1200 Offizieren das größte Offiziersgefangenenlager des Deutschen Reichs dar. Das Fort IX war als spezielles Repressalienlager für die ausbruchserfahrenen Offiziere sogar das berüchtigtste Gefangenenlager des Reichs. Charles de Gaulle, späterer französischer Präsident, war sowohl im Fort IX als auch im April 1918 kurz im Fort Prinz Karl untergebracht. Nach dem Ersten Weltkrieg fungierte das Fort 1919 als Haftanstalt für politische Gefangene, die Spartakusaufständischen. Von 1920 bis 1924 schließlich errichtete die bayerische Staatsregierung das Ausländersammellager Fort Prinz Karl, um sogenannte „Ostjuden" und kriminelle Ausländer, welche nicht selten wohl nur aus rassistischen Motiven eingesperrt wurden, zu internieren. Da Bayern diese unerwünschten Ausländer konsequent abschob, handelt es sich zugleich um das erste Abschiebelager Europas. 1924 wurde das Lager aufgrund der unhaltbaren Zustände und zunehmenden Proteste im Landtag und im Ausland geschlossen. Hiermit endet die Geschichte der dreifachen Gefangenenlagernutzung, die nächste Verwendung des Forts war die Munitionsverarbeitung als Außenstelle der Munitionsfabrik Desching im Zweiten Weltkrieg. Nach dem Krieg nutzte die Bundeswehr das Fort noch bis 1973 als Munitionslager. Seit 2016 gibt es eine Führungsroute, die durch die Führungen des bayerischen Armeemuseums, für das Mitglieder unseres Vereins auch tätig sind, begangen und erlebt werden kann. Dabei können alle relevanten Bereiche des Forts betreten werden und die Besucherinnen und Besucher erhalten ausführlich die Möglichkeit, tief in die Geschichte der Anlage einzutauchen.