Vom 1. Weltkrieg bis zur Zerstörung der Forts
Im 1. Weltkrieg sind die wichtigsten Objekte in Ingolstadt nicht die Festungswerke, sondern die technischen Institute gewesen, die eine ungeheure Ausweitung erfuhren. Als im November 1916 ein einzelner französischer Pilot einige Bomben auf München warf, sah man nun doch die bislang verneinte Gefahr eines Fliegerangriffes auf Ingolstadt. In keinem anderen Ort in Bayern waren wichtige militärtechnische Betriebe so konzentriert, wie im Bereich der Festung und so gingen drei Flak-Batterien in Stellung, welche am 23. Mai 1917 feuerbereit waren. Erst als sich die militärische Situation an der Westfront dramatisch verschlechterte, musste eine dieser Batterien im August 1918 in die Pfalz abgegeben werden.
Wieder wurde Ingolstadt Kriegsgefangenenlager, welches mit 8000 - 9000 Soldaten belegt war und daher von anderen bayerischen Lagern zahlenmäßig übertroffen wurde. Von Anfang an musste jetzt jedoch die Disziplin strenger gehandhabt werden, nicht zuletzt wegen der vielen Fluchtversuche. Zwei von denen, welche den Ausbruch wagten, sollten noch steile, aber doch sehr unterschiedliche Karrieren machen: Der eine war der bei seiner Flucht glücklose Hauptmann Charles de Gaulle, der spätere General und Präsident von Frankreich, der andere der erfolgreich flüchtende Leutnant Michail Tuchatschewskij, der spätere Sowjetmarschall, welcher 1937 der Stalinschen "Säuberung" zum Opfer fiel.
Die schlechte Versorgungslage machte sich auch in Ingolstadt bemerkbar. 1916 wurde den Truppenteilen die Anpflanzung von Sonnenblumen und Mohn befohlen, es folgte im gleichen Jahr die Anordnung, auf den militärischen Grundstücken Brennnesseln, Rosskastanien, Vogelbeeren, Eicheln, Bucheln, Linden- und Ahornsamen sowie Weißdornbeeren zu sammeln.
Die Wirren nach Kriegsende sorgten dafür, dass der Festung wieder ein gewisser Wert beigemessen wurde, nun vor allem in Hinblick auf innenpolitische Unruhen. Die verhängnisvolle Zerstörung der föderalistischen Wehrstruktur in Deutschland machte auch vor der Festung Ingolstadt nicht halt: Im April 1920 wurde der ganze Bestand der Fortifikation - von den Grundstücken bis zu den Dokumenten - an das Reich übergeben.
Der Wiederaufbau der Wehrmacht ließ dann in Ingolstadt wieder eine große Garnison entstehen, doch die wirtschaftliche Scheinblüte der Dreißiger Jahre endete jäh in der Katastrophe des 2. Weltkrieges. Immerhin fiel ein Jahr vor Kriegsausbruch eine der vielleicht wichtigsten Entscheidungen in der Geschichte der Stadt Ingolstadt: 1938 wurde die Festungseigenschaft von Ingolstadt aufgehoben. Natürlich ist es nur Spekulation, aber eine Festung Ingolstadt wäre doch während des 2. Weltkrieges mit hoher Wahrscheinlichkeit Ziel eines umfassenden Flächenbombardements geworden, das vom Zentrum nicht mehr viel übrig gelassen hätte.
Als sich 1945 amerikanische Truppen der Donau näherten, ist glücklicherweise niemand auf die Idee gekommen, die völlig veralteten Forts zu verteidigen. Umso überraschender musste es für Fachleute sein, dass die US-Armee nach Kriegsende begann, diese Forts zu sprengen. Verschont blieb allein Fort Prinz Karl. Nach mündlicher Überlieferung geschah dies nur, weil das Fort voll von Munition war und sich daher auch die verantwortlichen Offiziere der amerikanischen Armee davon überzeugen ließen, dass eine Sprengung auch die Vernichtung der in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Ortschaft Katharinenberg bedeutet hätte. Fort Prinz Karl muss daher - zusammen mit dem Fort Hahneberg bei Spandau (welches mit seiner Kehlkaponniere an die Forts III a und V a von Ingolstadt erinnert) - als ein höchst bedeutsames Denkmal zur Geschichte des deutschen Festungsbaues gewertet werden.