Die mittelalterliche Befestigung
Obwohl der Raum Ingolstadt schon in vorgeschichtlicher Zeit und später in der Römerzeit ein wichtiger Kreuzungspunkt von Fernverkehrswegen war so beginnt die Geschichte der Festung Ingolstadt doch erst im Mittelalter.
Vor der im 19. Jahrhundert errichteten Landesfestung gab es im Wesentlichen drei ältere Befestigungsringe um die Stadt. Diese drei Befestigungen sind in der Abbildung unten zur Verdeutlichung der Entwicklung in den Plan der Festung vom 19.Jahrhundert eingezeichnet.
Plan der Festung im 19. Jahrhundert
Es kann als sicher gelten, dass Ingolstadt schon um 1270 eine befestigte Stadt war. Gut 100 Jahre später, um 1380, wurde eine der wichtigsten Maßnahmen für die Verteidigungsfähigkeit der Stadt realisiert: Der bis dahin weiter südlich fließende Hauptarm der Donau konnte in einen unmittelbar an der Stadt vorbeiführenden Nebenarm umgeleitet werden. Diese bemerkenswerte technische Leistung sollte den Handel fördern, brachte auch eine unumschränkte Kontrolle über den Fluss und machte Ingolstadt von Süden her unangreifbar. Selbst noch im ausgehenden 19. Jahrhundert hätte ein Angriff über die Donau hinweg nur geringe Aussicht auf Erfolg gehabt.
Die erste und älteste Stadtmauer
Die erste und älteste Stadtmauer wurde im 13. Jahrhundert errichtet und bestand aus einem Rechteck mit 4 Ecktürmen. Das Alte Schloß - auch genannt Herzogkasten – war Teil der Befestigungsanlage und ist heute das einzige Überbleibsel dieser ersten mittelalterlichen Stadtbefestigung.
Damit war auch die Brücke über den Fluss von höchster strategischer Bedeutung, weil hier einer bayerischen Armee ein gesicherter Übergang über die Donau ermöglicht wurde, auch wenn vielleicht schon erhebliche Teile des Landes vom Gegner besetzt waren. Gerade in diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass durch historische Entwicklungen Ort wie Neuburg, Regensburg oder Passau zu "Ausland" wurden, welche das Kurfürstentum Bayern etwa im 30-jährigen Krieg oder im Spanischen Erbfolgekrieg nur durch Waffengewalt unter Kontrolle bringen konnte. Kein anderes Verwaltungszentrum in Bayern hatte dann auch so günstige Verkehrsverbindungen wie Ingolstadt, wo sich die Straßen von Regensburg nach Ulm und von Augsburg/München nach Nürnberg/ Amberg kreuzten. Dies bedeutete eine gute Verbindung zu den wichtigsten Handelszentren Süddeutschlands, wobei bis in die frühe Neuzeit München und Amberg von geringerer Bedeutung waren.
Von der ersten mittelalterlichen Befestigung hat sich nichts mehr erhalten, hier ließen sich nur noch Ende des 17. Jahrhunderts einige Türme nachweisen. Dagegen prägen die Wehrbauten der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts begonnenen Stadterweiterung sowie das Neue Schloss noch heute das Bild Ingolstadts. Zeitlich umreißen kann man die zweite (und letzte) mittelalterliche Befestigung Ingolstadts mit der Grundsteinlegung zum Feldkirchner Tor (1368) und jener des Donautores (1430), wobei man auch an dieser Abfolge erkennen kann, dass ein Angriff von Süden her als unwahrscheinlich betrachtet wurde. Die Kosten für diese Befestigung hat größtenteils die Stadt getragen, die zum Ausgleich aber vom Landesherrn mit Privilegien bedacht wurde.
Am Anfang des 15. Jahrhunderts war wohl auch die aus Backstein errichtete 6 bis 8 Meter hohe Stadtmauer vollendet. In Entfernungen von etwa 30 Metern waren meist halbrunde Türme eingefügt, die einen Durchmesser von rund 6 Metern hatten und welche die abschnittsweise Verteidigung begünstigten. Sie waren 31 Meter höher als die Mauer, und sicher war es eine die Zeitgenossen beeindruckende Befestigung, denn vom Feldkirchne Tor im Osten bis zum Roten Turm im Südwesten zählte man 69 Türme! Als Schwäche war zu werten, dass es keinen befestigten Brückenkopf gab.
Ingolstadt erhielt ab dem 14. Jahrhundert als Hauptstadt eines der drei bayerischen Teilherzogtümer eine starke Befestigung, welche in den folgenden Jahrhunderten gegen die verbesserten Angriffswaffen immer weiter verstärkt wurde. So konnte die Festung dem Ansturm des Schwedenkönigs Gustav Adolf widerstehen, aber aus mancherlei Gründen nicht mehr der französischen Armee Napoleons, der die bayerische Festung gründlich schleifen ließ.
Die zweite mittelalterliche Stadtmauer
Die zweite mittelalterliche Stadtmauer aus dem 14. und 15. Jahrhundert ist noch gut erhalten.
→ siehe Fotos der Mittelalterlichen Stadtmauer
Ingolstadt wird zur Festung
Die Wirkung der Feuerwaffen konnte nicht mehr ignoriert werden, zumal man in Zeit der Glaubensspaltung das nunmehr lutherische Pfalz-Neuburg in engster Nachbarschaft hatte. Unter Herzog Wilhelm IV. begannen 1537 erste Arbeiten an Festungswerken, für deren weitere Planung und Ausführung schon ein Jahr später Reinhard Graf Solms, Herrn zu Münzenberg (1491 -1562), gewonnen wurde. Er blieb bis etwa 1545 in bayerischen Diensten, wirkte aber noch bis 1560 in beratender Funktion an der Befestigung von Ingolstadt mit. Hatten die Landesherren die ersten Arbeiten noch aus eigenen Mitteln finanziert, so bewilligte der Landtag von 1539 die Summe von 100 000 Gulden, womit das Baumaterial und die rund 1000 Beschäftigten (Männer und Frauen) bezahlt werden konnten. 1557 und 1560 bewilligte der Landtag noch einmal 10 000 bzv. 12 000 Gulden für den Bau.
Dass, wie man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch glaubte, der berühmte Daniel Speckle aus Straßburg eine bedeutende Rolle spielte, ist durch die Forschung widerlegt. Speckle stand zwar von 1575 bis 1576 in den Diensten von Herzog Al brecht V., aber die Festung Ingolstadt war 1572/73 schon vollendet. Wichtigster Baumeister bei der Ausführung und Überwachung der Werke war Jörg Stern, der 1565 starb.
Beschreibung der Werke
Der Grundgedanke des Grafen Solms war, vor den Graben der mittelalterlichen Stadtmauer einen teilweise gemauerten Erdwall zu legen, auf dem Geschütze in Position gebracht werden konnten. An den Eckpunkten wurden gemauerte Bastionen errichtet, die zum einen diese besonders gefährdeten Stellen, zum anderen die benachbarten Wälle und die Gräben durch flankierendes Feuer schützen konnten. Vor dem Wall befand sich ein Graben, der mit Grundwasser gefüllt wurde, denn das Wasser der Schutter benötigte man in erster Linie für die Mühlen in der Stadt. Man kann die erste Befestigung von Ingolstadt als unregelmäßiges Polygon charakterisieren, wobei Graf Solms Gedanken aus der Befestigungslehre Albrecht Dürers übernommen hat. Die äußere Form war natürlich durch die mittelalterliche Stadtmauer vorgegeben, weil diese für einen eingedrungenen Gegner immer noch ein beachtliches Hindernis gewesen wäre. Diese Überlegung hat sogar noch bis in das 19. Jahrhundert eine Rolle gespielt, denn auch hier wollte man noch an der Stadtmauer Widerstand leisten, auch wenn die Angreifer die Wälle schon eingenommen hatten.