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Der innere Ring - Die Hauptumwallung

Einen Festungsentwurf, der den Vorstellungen König Ludwigs I. entsprach, legte Ingenieur-Oberst Michael von Streiter vor. Der König genehmigte den Entwurf, setzte aber zugleich seinen Geheimen Oberbaurat von Klenze zur architektonischen Überarbeitung der technischen Entwürfe des Obersten von Streiter ein und legte "allerhöchstpersönlich" den Grundstein zur Festung am 24. August 1828 in der ersten Vorfeste, der "Veste Tilly" rechts der Donau, welche als Brückenkopf diente und die man später vereinfachend auch so bezeichnete. M.v.Streiter, zum Festungsbaudirektor ernannt und zum Generalmajor befördert, hatte ein Festungssystem vorgeschlagen, dessen Hauptumfassung aus einer Aneinanderreihung konvexer und konkaver Mauerabschnitte, flankiert von frei stehenden Kanonentürmen und aus bis zu vier Vorfesten links der Donau und einer Vorfeste rechts der Donau bestand. v.Klenze hatte auf der Verwendung von sachlich und künstlerisch bearbeitetem Naturstein beim Sichtmauerwerk der Festungswerke bestanden, so wie sich noch heute die drei Türme Triva, Baur und Reduit Tilly der Veste Tilly präsentieren. Die großen Mauermassen der Festungswerke gaben nicht nur zahlreichen Steinmetzen Arbeit, sondern boten auch die Chance, junge Menschen in diesem Beruf auszubilden.

Festungsbaudirektor M.v.Streiter hatte sich all die Jahre den Argumenten einer Gruppe opponierender bayerischer Offiziere zu erwehren. Sie beurteilten die weitgehend ungedeckten Mauern seiner Festungswerke als leicht breschierbar und deren Fronten als nicht genügend flankierbar; man brauche keine krummlinigen Fronten, um sich gegen die Enfilade, also den Beschuss von der Seite her und gegen den Ricochetschuß, also gegen die als Roller geschossene Kanonenkugel, ausreichend zu sichern! Das wichtigste Gegenargument aber waren die hohen Kosten des gewählten Baumaterials und dessen Bearbeitung.

In der damals bestehenden "Spezialkommission zur Befestigung Ingolstadts" legte das Mitglied Oberst Wilhelm von Heideck seinen Plan zur Befestigung der Stadt Ingolstadt auf dem linken Donauufer vor. Er wollte gerade, mit möglichst stumpfen eingeschlossenen Winkeln aneinanderstoßende Fronten um die Stadt legen Die so genannte Hauptumfassung entsprach nun einem Polygon, bestehend aus fünf gleichen, also "Regelmäßigen Fronten" und inklusive der Kehlfronte drei durch die Kosten, durch das nasse Baugelände und durch die Funktion erzwungenen nicht gleichen, also "Unregelmäßigen Fronten".

Letzer Entwurf des Festungsbaudirektors v. Streiter, 1831

Vor der Mitte jeder Regelmäßigen Fronte und gut gedeckt im Festungsgraben plante von Heideck den Bau einer sogenannten Kaponniere, eines doppelten Grabenkoffers, von wo aus der Graben nach beiden Seiten lückenlos mit Kanonen bestrichen werden konnte. Oberst von Heideck schlug außerdem vor, die neue Hauptumfassung der Stadt als Erstes und mit solchem Abstand zur alten Stadtmauer zu bauen, dass eine großzügige Esplanade als Lagerfläche entstand. Drei Vorfesten sollten nach Fertigstellung der Hauptumfassung als detachierte Forts der Hauptumfassung vorgelagert werden.

Entwurf der Festungsbaukommision 1833

Im April 1832 übernahm Oberst Peter Becker als Direktor die Leitung des Festungsbaues in Ingolstadt. Er entwickelte aus den Ideen des Obristen W.v. Heideck baureife Pläne und setzte Backsteine als billigeres Baumaterial statt behauener Natursteine durch, eine Entscheidung, welche beim Vergleich des Erscheinungsbildes des Reduits Tilly mit z.B. dem Kavalier Heideck augenscheinlich wird. Die Grundsteinlegung für die Hauptumfassung links der Donau nahm Feldmarschall Fürst Wrede am 25. August 1834 in der Spitze der Kaponniere der Fronte Raglovich vor. Noch während der Bauzeit der Hauptumfassung erkannte man die Notwendigkeit einer Verstärkung der Unregelmäßigen Fronten, vor welche man deshalb eine Enveloppe, hier in Ingolstadt also einen starken Erdwall, legte und so auch im Westen der Festung eine Esplanade und zusätzlich einen gesicherten Hafenplatz gewann. Bereits im Jahre 1849 bezeichnete der nunmehrige Festungsbaudirektor Major J. Schmauß die Hauptumfassung der neuen Festung Ingolstadt als "sturmfrei und verteidigungsfähig", wenn auch deren letzte Festungswerke erst 1852 völlig fertiggestellt waren; jedoch als Lagerfestung konnte man sie nicht einstufen, denn es fehlten noch die Vorfesten. Die zweite Hälfte des 19.Jahrhunderts war gekennzeichnet durch eine stufenweise Anpassung der Festungen an die technische Weiterentwicklung der Angriffswaffen, insbesondere der Artillerie. Überschlägig betrachtet erfolgten die Anpassungen und Verstärkungen in Abständen von ca. 10 Jahren:

  • Ca. 1830 Baubeginn
  • Ca. 1840 Errichtung der Enveloppe der Unregelmäßigen Fronten
  • 1850 Bauvollendung; bald darauf Bepflanzung der Festungsgründe als Masken für die Festungswerke
  • Ca. 1860 Bau der permanenten Konterminen der Regelmäßigen Fronten; Verstärkung der Unregelmäßigen Fronten durch Blockhäuser, durch zusätzliche kasemattierte Batterien und krenelierte, also mit Schießscharten versehene Mauern
  • 1866 Bau eines Ringes von passageren Feldschanzen, Feldwerken und Hauptfeldwerken. Ingolstadt konnte nun als Lagerfestung bezeichnet werden. Auch der Centralbahnhof wurde im Schutz des Gürtels von Feldwerken angelegt.
  • Ca. 1870 Weiterbau der drei Hauptfeldwerke links der Donau zu permanenten Vorfesten mit permanenten Konterminen
  • Bis 1871 trug das Königreich Bayern die Baukosten der Festung Ingolstadt; die Kosten aller späteren Bauten trug das Deutsche Reich.
  • Um 1880 Bau eines neuen, des äußeren Ringes von Forts; Vorbilder waren die Erfahrungen aus dem Krieg 1870/71 und das Einheitsfort des preuß. Ingenieur-Corps.
  • Um 1890 Verstärkung des äußeren Fortgürtels gegen die Brisanzgranaten und sein Umbau zu einem Gürtel von Infanterie-Hauptstützpunkten, Bau permanenter Anschlussbatterien.
  • Bis 1895 Bau von Munitions-Depots, Infanterie-Untertreträumen, Batteriestellungen und weiterer Kriegsstraßen.

Hauptumfassung und Brückenkopf ab 1849

Noch vor 1900 endete jeglicher fortifikatorische weitere Ausbau der Festung Ingolstadt. Die Tendenz ging hin zu Zwischenbatterien unter Panzer; und das hätte für die Festungen des Deutschen Reiches unbezahlbar viel gekostet. Man musste sich daher bei der Panzerung zwangsläufig auf einige wenige Grenzfestungen beschränken. Für die kgl. bayer. Landesfestung Ingolstadt wurde noch vor dem 1.Weltkrieg die Aufhebung der Festungseigenschaft beim Deutschen Kaiser beantragt, eine Entscheidung jedoch 1916 wegen des Kriegsgeschehens zurückgestellt. Nach dem verlorenen 1.Weltkrieg musste die Festung Ingolstadt vertragsgemäß entwaffnet werden und durfte auch keinerlei bauliche Verbesserungen erfahren. Trotzdem wurde die Festung anlässlich von Manövern der Reichswehr immer wieder als starker Stützpunkt und gesicherter Donauübergang in die Verteidigungsüberlegungen gegen angreifende Armeen aus dem Süden und aus dem Osten einbezogen.

1936 bot der Festungskommandant die Forts als Munitions-Depots für die im Aufbau begriffene Wehrmacht an. Später dienten einzelne Forts sogar als "verlängerte Werkbank" für die Munitionsanstalten im Ingolstädter Bereich. Letzteres war der siegenden US-Armee angeblich unbekannt. Die Festungseigenschaft Ingolstadts war übrigens im Herbst 1938 von der Reichsregierung aufgehoben worden. Dies hat sicherlich dazu beigetragen, dass die Werke der ehemaligen Festung Ingolstadt den 2.Weltkrieg weitgehend unversehrt überstanden haben. Umso lückenloser sprengte die amerikanische Besatzungsmacht die beiden im Zeitalter der Atombombe fast schon musealen Fortgürtel und die bürgerliche deutsche Verwaltung ließ die Hauptumfassung abbrechen. Letzteres drängt sich beim Studium der Vorgänge nach Kriegsende geradezu auf.

Der Förderverein ist bestrebt, die verbliebenen Festungswerke vor dem weiteren Verfall zu bewahren und sie einer schonenden, aber dauerhaften Nutzung zuzuführen. Als vordringliche Beispiele sollen hier das Fort Prinz Karl, das einzige erhalten gebliebene Fort beider Gürtel und die südliche Hälfte der Fronte Rechberg, das einzige erhalten gebliebene Beispiel einer Regelmäßigen Fronte, außerdem der Anschluss der ehemaligen Regelmäßigen Fronte Pappenheim an die Unregelmäßige Fronte Butler mit dem Schutterhof und der ehemaligen Durchführung der Schutter durch die Festungswerke, ein geschlossenes Ensemble, angeführt werden. Mit dem Abbruch der Gebäude der ehemaligen Geschützgießerei und Geschossfabrik wurden auch die Fundamente der Kaponniere der Fronte Raglovich freigelegt. In deren Spitze ist der zweite Grundstein der Festung eingemauert. Er hätte zumindest eine Hinweistafel verdient. Vielleicht gelingt es auch noch, die eine oder andere Ruine eines Infanterie-Untertretraumes und eines Munitions-Depots und die Ruinen des Forts IIIa, eines der beiden Forts mit gepanzertem Geschützturm, auf der Gemeindegrenze Wettstetten - Etting und des Zwischenwerkes Großmehring, des jüngsten und modernsten Zwischenwerkes mit seinen Reverskasematten zur Grabenbestreichung, als Denkmäler für den Willen unserer Vorfahren, ihre Heimat zu schützen, zu gestalten.

Der Bau der Hauptumwallung

Mit dem Gesetz vom 1. Juli 1834 hatte der Landtag die unüberschreitbare Summe von 18 310 000 Gulden bewilligt. Die Landesfestung Ingolstadt war damit das teuerste Bauprojekt Bayerns in der Regierungszeit von König Ludwig I. Es wurde deutlich, dass selbst ein Mittelstaat wie Bayern beim Festungsbau schnell an seine finanziellen Grenzen stieß, wollte er nicht dem Bürger härtere Belastungen aufbürden. Nur einmal war in rund zwei Jahrzehnten, in denen zeitweilig bis zu 7000 Menschen Arbeit fanden, eine wichtige Änderung des bestehenden Plans notwendig. Die schon vor dem Festungsbau begonnene Begradigung der Donau zeigte sehr schnell Wirkung und führte zu einer Entwässerung des Vorgeländes der sogenannten "unregelmäßigen Fronten" im Südwesten. Hatte man geglaubt, dass Altarme des Flusses und der teilweise sumpfige Boden einen Angriff in diesem Abschnitt unmöglich machten, so konnte man nun durch die Austrocknung des Bodens Aktivitäten eines Gegners gegen die hier gelegenen Fronten nicht mehr ausschließen. Die vorgenommene Verstärkung unterlag von Anfang an dem Gebot der Sparsamkeit und so sollten die unregelmäßigen Fronten zum Schwachpunkt der Festung werden. Im Hinblick auf die beschränkten Mittel wurde bei den Bauten am linken Ufer der Donau weitgehend auf teure Steinmetzarbeiten verzichtet und in erster Linie Ziegel verwendet. Aus dem gleichen Grund gab es keine besondere architektonische Gestaltung für die hier errichteten Werke. Eine Ausnahme bildeten die neuen Tore: Das Neue Feldkirchner Tor (vor Kavalier Heideck), das Neue Hardertor (vor Kavalier Spreti) sowie das Neue Kreuztor (vor Kavalier Hepp) sind in Zusammenarbeit mit Leo von Klenze gestaltet worden und konnten 1847 feierlich geöffnet werden. Im selben Jahr war die Stadtumwallung bis auf die Kehle an der Donau geschlossen. Für den weiteren Ausbau von Ingolstadt war es ein schwerer Schlag, dass Ludwig l. im Jahre 1848 auf den Thron verzichtete, denn der König hatte bereits ins Auge gefasst, mit dem sehr kritisch gewordenen Landtag um weitere Mittel zu kämpfen. Maximilian II., welcher keine besondere Beziehung zu militärischen Fragen und damit auch zum Festungsbau in Ingolstadt hatte, scheute eine solche Auseinandersetzung. Am 5. April 1848 wurde Peter von Becker, der unter einer schweren Krankheit litt, von der Aufgabe des Festungsbaudirektors ehrenvoll entbunden. Er war aber weiterhin Chef des Ingenieurkorps, wurde als solcher nach München versetzt, wo die Dienststelle bis zum Ende der Königlich Bayerischen Armee bleiben sollte. Becker starb noch im gleichen Jahr, mit ihm verschied der letzte bayerische Festungsbaumeister von Bedeutung. An die Stelle von Einzelpersönlichkeiten sollten künftig anonyme Kommissionen treten. Nach einer Interimslösung wurde 1849 Major Josef Schmauß zum Festungsbaudirektor ernannt. Dieser ehrgeizige Offizier bemühte sich in sehr verdienstvoller Weise, Kosten zu sparen, um noch möglichst viele Bauten vollenden zu können. Es war die besondere Tragik im Leben von Josef Schmauß, dass ihm diese Aufgabe zu einer Zeit übertragen wurde, als keine neuen Mittel für Ingolstadt zu erwarten waren. Es war deutlich geworden, dass die Festung auf den Schutz durch die geplanten Forts Haslang, Max Emanuel und Wrede vorläufig verzichten musste. Sie hätten im Ernstfall einen schnellen Erfolg gegen die Kernfestung am linken Ufer der Donau verhindert. Ausgeführt waren lediglich die Kreuzblockhäuser Minucci und Habermann, welche aber nur Stützpunkte für Infanterie waren. Dass es hier nicht weiterging, war auf nicht vorauszusehende Mehrausgaben in Höhe von rund 4 Millionen Gulden zurückzuführen. Diese waren nicht nur durch die Änderung bei den unregelmäßigen Fronten verursacht worden. Teilweise musste erheblich tiefer fundamentiert werden, als man ursprünglich plante, und so waren auch teure Spundwände notwendig geworden. Außerdem musste der Direktor in den rund 20 Jahren auch zwei Lohnerhöhungen akzeptieren. Eine Meldung vom 1. Juli 1849 besagte, dass die Festung verteidigungsfähig sei, und am 1. Oktober 1850 wurde das letzte Werk übergeben. Das Kriegsministerium zog dann aus der politischen Realität die Konsequenzen und löste die Festungsbaudirektion 1855 auf, weil mit einem umfangreichen weiteren Ausbau von Ingolstadt wegen der Haltung des Landtages nicht gerechnet werden konnte. Damit kam der Ausbau von Ingolstadt zu einem vorläufigen Ende. Er war für die Geschichte des bayerischen Ingenieurkorps von hoher Bedeutung, weil die Bauleitung in den Händen von Offizieren lag und diese auch die wichtigsten Zulieferbetriebe, wie etwa die Ziegeleien, leiteten. Bis zum Ende der Königlich Bayerischen Armee sollte die Überwachung der Festungsbauten auch weiterhin Aufgabe von Ingenieuroffizieren bleiben. Dagegen setzte sich schon bald der heute noch gültige Gedanke durch, dass das Militär zivilen Betrieben keine Konkurrenz machen dürfte und damit oblag in Zukunft die Ausführung und die Zulieferung von Material bei Festungsbauten privaten Firmen. In Ingolstadt wurde dieser Prozess eingeleitet, indem man die meisten Steinbrüche, die bereits verrotteten Schiffe und die Pferde des Fuhrwesens versteigerte; die Ziegeleien und die Mühlschiffe auf der Donau wurden verkauft. Werkzeuge und andere Requisiten sind an die Stadt Ingolstadt und an den Eisenbahnbau abgegeben worden. Die drohende Einstellung der Arbeiten ließ - insbesondere nach den Erfahrungen von 1848 - sozialen Sprengstoff befürchten, wofür das Kriegsministerium durchaus Sensibilität unter Beweis stellte. Aus geschaffenen Rücklagen wurden daher kleine Unterstützungen an die nunmehr arbeitslos werdenden Beschäftigten ausbezahlt, so dass es zu keiner der befürchteten Unruhen kam. Es ist dies auch ein Beleg dafür, dass die Mehrheit der in Ingolstadt Beschäftigten hier nur eine Saisonarbeit sahen und nicht an eine dauerhafte Niederlassung in der Stadt dachten.

Die Hauptumfassung auf dem linken Donauufer

Der größere Teil der Hauptumfassung bestand aus den sogenannten fünf regelmäßigen Fronten, welche sich polygonal vom Donauufer im Osten der Stadt bis in den Nordwesten von Ingolstadt erstreckten, wo die Schutter in die Stadt eintrat. Im Südwesten - zwischen Schutter und Donau - lagen die zwei unregelmäßigen Fronten, bei deren Errichtung man sich aus Kostengründen in wesentlichen Teilen noch an die bestehenden Reste des im Jahre 1800 gesprengten Werke gehalten hatte.

Der Hauptwall einer regelmäßigen Fronte war gradlinig, jedoch zur Flankierung des Grabens vor der einstöckigen Kaponniere, welche vor der Mitte jeder Polygonseite liegt, schwach nach innen gebrochen. Die Polygonseite - die Entfernung von einem Polygonpunkt zum nächsten - entsprach der Tragweite der damaligen Feuerwaffen und betrug von der Kaponniere aus nach beiden Seiten 250 Meter, war also insgesamt 500 Meter lang. Der breite Hauptgraben vor jeder Polygonseite wurde durch die Kaponniere aus acht Geschützkasematten (welche zum Hof offen waren) auf jeder Flanke und einer ebenfalls für Geschütze Platz bietenden Erdplattform bestrichen, und von der letztgenannten Position aus sollte auch die Bekämpfung des Angreifers im Vorfeld ermöglicht werden. Die Kaponnieren, deren Facen zur Gewehrverteidigung eingerichtet waren, wurden als die Kernpunkte der ganzen Front angesehen, denn sie gewährten bei dem damaligen Entwicklungsstand der Artillerie gute Unterkunft und bildeten gleichzeitig Reduits. Sie waren in der Kehle geschlossen, deren Eingang aber durch krenelierte Flügelmauern mit der Poterne durch die Hauptumwallung verbunden war. Rechts und links von diesen Flügelmauern hinter der Kehle der Kaponniere lagen die Ausfalltore, welche vom Inneren des Platzes in den Graben führten. Die Facen der Kaponnieren wurden durch Flankenbatterien, welche unter dem Hauptwall lagen, bestrichen und an diese Geschützkasematten schlössen sich Infanteriegalerien in der acht Meter hohen Eskarpenmauer an, die nur an den durch Artilleriefeuer besonders gefährdeten und daher voll gemauerten Polygonpunkten fehlten und für eine nahezu lückenlose Frontalbestreichung des Grabens sorgten. Die Kaponnieren wurden gegen den Angreifer noch zusätzlich durch vorgelegte, kasemattierte Werke mit Infanteriegalerien gedeckt, welche - in der Form eines Ravelins - hier Kontergarden genannt wurden und ein ähnliches Profil wie der Hauptwall besaßen. Diese Kontergarde bestrich den ihr vorliegenden Graben selbst, und zwar aus den angehängten Schultern, welche je drei Geschützkasematten und darüber die gewöhnliche Erdplattform besaßen.

Die Poternen zu den Kaponnieren führten aber auch zu den Wegen über den Graben und diese über die Rampen zu den Waffenplätzen des gedeckten Weges. Diese Waffenplätze wurden durch kasemattierte Reduits beherrscht, deren Mauerbekleidung (Revetement) ringsum ebenfalls mit Infanteriegalerien versehen war. Die Erdplattform dieser Reduits war von der Kontergarde durch einen schmalen Abschnitt (Kupüre) getrennt, im Frieden waren beide Werke aber durch eine kleine Brücke verbunden. Kontergarde und die rechts und links daran anschließenden Reduits sorgten außerdem dafür, dass die Kaponniere und der Hauptwall gegen Sicht von außen gedeckt waren. Die gemauerte Kontereskarpe und ein mit Traversen versehener gedeckter Weg stellen die äußere Grabenbegrenzung dar. Das Glacis war so hoch aufgeschüttet, dass es das ganze dahinter liegende Mauerwerk der Hauptumwallung deckte, mit Ausnahme der Kordons der Kavaliere und der Stiegentürmchen und Geschützaufzüge.

Der Vorteil dieses Befestigungssystems ist deutlich: Wenn der Angreifer mit seinen Gräben das Glacis erreicht hatte, dann musste er sich zuerst der Reduits und dann der-abgetrennten - Kontergarde bemächtigen, bevor er mit einiger Aussicht auf Erfolg das Kernwerk der Grabenverteidigung, die Kaponniere, angreifen konnte. Die voneinander getrennten Werke begünstigten eine abschnittsweise Verteidigung ungemein.

Bestand der Schutz der Kaponnieren aus vorgelegten Werken, so wurden die Polygonpunkte durch die dahinter gelegenen Kavaliere verstärkt. Vier der Kavaliere (von Ost nach West: Heideck, Elbracht, Spreti und Hepp) wiesen die gleiche Form auf, lediglich die kleineren Kavaliere an den Anschlussstellen zur Donau bzw. zu den unregelmäßigen Fronten hatten - den besonderen Erfordernissen dieser Stellungen entsprechend - einen anderen Grundriß erhalten. Die Kavaliere waren zweistöckigen Mauerbauten (Hochparterre und 1. Stock), auf denen noch eine Erdplattform aufgeschüttet war, welche den Hauptwall um drei Meter überragte und für Geschützaufstellung eingerichtet war. Solange die Vorwerke nicht bestanden, sollte der Gegner von diesen Plattformen aus das erste Geschützfeuer mit schwerstem Kaliber erhalten. In der letzten Periode einer Belagerung sollten diese Kavaliere dann starkes Geschützfeuer auf das Innere der (vielleicht schon vom Gegner besetzten) Polygonseiten, ebenso - mit den Flanken - auf die Wallgänge und sogar auf die rückwärts gelegenen Esplanaden richten.

In der Verlängerung der Seitenbauten dieser Kavaliere, unweit von den Polygonpunkten, waren Kupüren im Hauptwall eingeschnitten. Hinter diesen befanden sich gemauerte Hohltraversen, die als Sammelpunkt der Wallbesetzung dienten, gegen den Rikoschettschuß sicherten und von deren Gewehrscharten aus der Wallgang der Länge nach bestrichen werden konnte.

Durch die Mitte jeder Front führte unter dem Hauptwall die Hauptpoterne sowohl zur Kaponniere und den Infanteriegalerien in der Eskarpe, wie auch zu den bereits erwähnten zwei Ausfalltoren in den Hauptgraben. An beiden Seiten der Poterne befanden sich noch weitere Kasematten. Zwei weitere Poternen führten zu den Flankenbatterien, aus deren vier Geschützkasematten der Graben vor der Kaponniere bestrichen werden sollte. Hauptkriegstore mit Brückenverschluss im Hauptwall und im Kavalier waren im Nordosten das neue Feldkirchner Tor (mit Kavalier Heideck), im Norden das neue Hardertor (mit Kavalier Spreti) und im Nordwesten das neue Kreuztor (mit Kavalier Hepp).

Auf die fünf regelmäßigen Fronten folgten im Südwesten - zwischen Schutter und Donau - zwei unregelmäßige Fronten. Diese bestanden aus zwei hintereinander liegenden Wällen, der erste - identisch mit der alten Münzbergerfronte - war mit Infanteriegalerien versehen, sowie durch zwei Kavaliere (Baur und Triva) und einer zwischen diesen liegenden Kaponniere verstärkt. Der vordere Wall bestand nur aus Erdwerken, verstärkt mit krenelierten Mauern und Grabenbatterie beim Anschluß an die regelmäßigen Fronten, sowie mit Flankenbatterien und zwei ungleichen Kaponnieren. Unmittelbar an der Donau, zwischen den beiden Wällen, befand sich der Schiffshafen, der zum Strom hin mit Wall und Mauern gesichert war. Beide Gräben wiesen Künetten auf, im Verteidigungsfall sollte die Schutter angestaut werden, um das Wasserhindernis noch zu verbreitern. Gesichert war diese Maßnahme aber nicht, denn ein Belagerer konnte den kleinen Wasserlauf der Schutter ohne weiteres sperren und ableiten, was auch zur Errichtung des besonders stark gesicherten Schutterhofes geführt hatte.

Dass die beiden Fronten weder im Radius noch in der Art den anderen fünf folgten, lag daran, dass zur Zeit des Baubeginnes das Vorterrain wegen der damals noch vollen sogenannten "Alten Donau" und ihren Nebengräben so nass, sumpfig und ungangbar war, dass alle Sachverständigen darin übereinstimmten, dass hierein Belagerungsangriff nicht zu erwarten sei. Man glaubte daher, die Kosten sparen zu können und baute deshalb auch auf den Fundamenten der alten Befestigung.

Werke der Hauptumfassung auf dem linken Donauufer

Schüler vom Christoph-Scheiner-Gymnasium Ingolstadt bearbeiteten unter der Leitung von Herrn Kundmüller das Thema "Grünes Kulturerbe von oben" , und zwar am Beispiel des Glacis in Ingolstadt. Dabei soll die Bedeutung und Attraktivität des Glacis für die Stadt und ihre Bürger und die Einmaligkeit des Festungsgürtels um Ingolstadt optisch und thematisch analysiert und dargestellt werden, um so auch die nachhaltige Bedeutung dieser Anlagen für Gegenwart und Zukunft der Region vor Augen zu führen.

Die Arbeiten sind im Internet veröffentlicht, diese finden Sie → hier

Der Brückenkopf auf dem rechten Donauufer

Brückenkopfgelände Luftaufnahme
Brückenkopfgelände Luftaufnahme - Foto: Gert Schmidbauer 2008

Den sicheren Übergang über die Donau nach Süden deckte die den Brückenkopf bildende Tillyveste, welche zwei Fronten mit Flankenbatterien an den Flügeln bildete. Die Hauptumwallung war ebenfalls kasemattiert, und zwar für Geschütze zur Bestreichung der Kaponnieren, als auch für die frontale Infanterieverteidigung des Grabens. Vor der Mitte der leicht gebrochenen Fronten lagen einstöckige Kaponnieren, deren Flanken ganz und deren Facen teilweise mit Geschützkasematten versehen waren. Dagegen fehlten die deckenden Kontergarden und Reduits, die Kontereskarpe war nicht mit Mauerwerk bekleidet, aber der gedeckte Weg mit Traversen versehen. In der Kehle des Brückenkopfes lag das mächtige, halbkreisförmige Reduit mit seinen zwei Stockwerken und der aufgesetzten Erdplattform, mit Flankenbatterien und krenelierten Kehlschlussmauern, weiche sich bis zu den Flankenbatterien des Hauptwalles fortsetzten. Im Zentralpunkt des Reduits lag das Wachthaus, vor dem Reduit ein Diamantgraben.

Hinter den Flankenbatterien an den zur Donau weisenden Enden der Fronten stand je ein ovaler, zweistöckiger Turm mit aufgesetzter Erdplattform, ein dritter an der Spitze des Brückenkopfes war entgegen der ursprünglichen Absicht aus Kostengründen nicht ausgeführt worden. Die Türme und das Reduit dominierten das Vorgelände ähnlich wie die Kavaliere am linken Ufer.

Oberhalb des Brückenkopfes lag noch die Fronte Gumppenberg mit einem durch ein Reduit (Turm) verstärkten Flügelwerke, welches die unregelmäßigen Fronten des linken Ufers flankierte und die große Schleuse für den Vorgraben des Brückenkopfes deckte. Das bastionartige Flügelwerk - das auch als "detachiertes Fort" bezeichnet wurde - war kasemattiert, hatte am rechen Schulterpunkt eine Kaponniere und in der Kehle einen birnförmigen Turm mit zwei Stockwerken und aufgesetzter Erdplattform. Die Kontereskarpe war nicht mit Mauerwerk bekleidet.

Am Fuße des Glacis von Brückenkopf und Fronte Gumppenberg verlief ein Vorgraben, zum Teil mit breiter Künette. Vor diesem Graben befand sich ein Vorglacis.

-> Werke der Hauptumfassung auf dem rechten Donauufer

Die Namen der Befestigungswerke

Durch eine Verfügung aus dem Jahre 1842 sollten hier in erster Linie Offiziere geehrt werden, welche sich in den napoleonischen Kriegen besonders ausgezeichnet hatten.
Die fünf regelmäßigen Fronten am linken Ufer erhielten (im Osten beginnend) die Namen Raglovich, Rechberg, Zoller, Vieregg und Pappenheim.
An sie schlossen die unregelmäßigen Fronten Butler und Preysing sowie die noch nicht ausgeführte Kehle Deroy an.
Die Kavaliere der regelmäßigen Fronten am linken Ufer bekamen (im Osten beginnend) die Namen Dallwigk, Heideck, Elbracht, Spreti, Hepp und Zweibrücken.
Der Münzbergkavalier und die Neue Eselsbastion beim Neuen Schloß behielten traditionsreicheamen.
Der Brückenkopf hieß Tillyveste, seine Fronten sollten die Namen Streiter, Becker und Gumppenberg tragen.
Neue Namen gab es auch im Bereich der unregelmäßigen Fronten. Der Frauenkavalier am ausspringenden Winkel der Fronte Butler erhielt den Namen Baur, der sogenannte "Rote Turm" am Münzbergerkavalier den Namen Triva.
Die Kreuzblockhäuser Minucci und Habermann hatten noch keine Umwallung, die Vorfesten Haslang, Max Emanuel und Wrede waren noch gar nicht begonnen. Neben Tilly sowie den beiden Festungsbaudirektoren Streiter und Becker waren hier die einzigen Benennungen zu finden, die nichts mit den napoleonischen Kriegen zu tun hatten: Haslang war der große Organisator des bayerischen Kriegswesens vor dem 30 -jährigen Krieg, Kurfürst Max Emanuel der Schöpfer des stehenden Heeres und erfolgreiche Führer in den Türkenkriegen.